No. 1 Der Panther

Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

Sehnsucht nach Freiheit

Ich klammere mich an die Fetzen meiner alten Haut, kneife die Augen zu und wünsche mir – Freiheit.

Ich sehne mich nach Freiheit. Es ist einfach, sich nach etwas zu sehnen, das man idealisieren kann, verherrlichen bis zur Unkenntlichkeit, weil man die wahre Bedeutung nicht kennt. Das Wort schmeckt verlockend süss, verlockend wild, und es ruft. Es ruft nach dir, nach dem Etwas in deiner Brust, das sich sehnt und verlangt, verlangt und sehnt nach mehr, und dieses Etwas antwortet.

Freundliche, fremde Gesichter an den anderen Tischen, an meinem Tisch nur solche, die man schon zu oft gesehen und gesprochen hat. Die Geschichten, die erzählt werden, wurden schon tausendmal erzählt; ich fühle mich, als würde man mir immer wieder dieselbe wässrige Suppe vorsetzen, die jedes Mal mehr aus Wasser, aus Nichts, aus fader Geschmacklosigkeit besteht.

Ich kann nicht: Lachen über einen Witz, den ich bereits kenne. Mich fabelhaft über eine Geschichte amüsieren, die ich schon gehört habe.

Anscheinend sollte man das können; ich blicke in die altbekannten Gesichter, sehe sie lachen und frage mich, wer hier eigentlich den Verstand verliert. Sie erzählen immer wieder dieselben Geschichten, wie alte Wiederkäuer, kauen sie hoch, bis sie die Farbe verlieren, bis sie zu ein und demselben Brei geworden sind – die gleichen Worte, immer, die gleichen Gesten, die gleichen Lacher. Ich höre nicht hin.

(Das Bild ist meine Interpretation von Frida Kahlo. Es wurde mit Graphit auf Papier (31x31 cm) erstellt. Ich schätze ihre Werke sehr, und ihre nachdenklichen Zitate spiegeln den unbeugsamen Geist dieser legendären Künstlerin wider.

„Nichts ist mehr wert als Lachen. Es ist die Kraft zu lachen und sich seiner selbst zu ergeben, Licht zu sein.“

Das Gedicht „Der Panther“ von Rilke, das die Kraft und den Willen eines gefangenen Panthers beschreibt, passt zu Frida Kahlos Stärke und Durchhaltevermögen.)

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